Auf den ersten Blick haben Bäumen wenig Chancen, Schädlinge und Parasiten abzuwehren. Vor der Gefahr fliehen ist unmöglich. Die hölzernen Giganten sind mit ihrem Wurzelwerk fest mit dem Untergrund verbunden. Den Feind in die Flucht schlagen, ist aufgrund der Verholzung auch keine Option. Und auch sonst scheinen sich Bäume kaum aktiv gegen Angreifer zu wehren. Trotz dieser scheinbar schlechten Voraussetzungen überdauern die Riesen Jahrhunderte und gehören zu den größten Lebewesen der Erde.
Viele Optionen der Abwehr
Bäume können also nicht so schutzlos sein, wie der erste Blick vermuten lässt. Es lohnt sich daher, die Abwehrmechanismen der Bäume genauer zu betrachten. Durch ihre Ortsgebundenheit sind die Abwehrstrategien von Bäumen defensiv ausgelegt. Wie auch andere Pflanzen verteidigen sie sich mit physikalischen, chemischen und biologischen Maßnahmen gegen Schädlinge. Sie können vorbeugend handeln, aber auch erst im Ernstfall reagieren. Die Abwehr kann der Baum allein regeln oder er lockt andere Arten an, die ihm helfen.
Mechanische Abwehr – „Sie müssen draußen bleiben“
Mechanische Abwehr bedeutet, dass der Eindringling oder Fressfeind gar nicht an sein Ziel kommt. Dornen und Stacheln unterbinden beispielsweise den Zugriff größerer Störer auf das Gewebe des Baumes. Gerade in jungen Jahren schützen sich Bäume mit in Dornen umgewandelten Blättern oder Ästen vor weidenden Wildtieren oder trampelnden Füßen.
Ähnlich können Haare auf Blättern wirken, insbesondere wenn in Form von Brennhaaren zusätzlich Gifte eingelagert sind. Eine Wachssicht auf Blättern und Nadeln verhindert, dass Schädlinge ins Gewebe eindringen können. Die gleiche abwehrende Wirkung haben eine kräftige Borke und verholzte Stamm- und Astteile.
Chemische Abwehr – „Ich bin nicht bekömmlich“
Durch die Produktion von schädlichen oder unangenehmen Stoffen können sich Bäume chemisch wehren. Die Gifte oder Bitterstoffe werden bei Kontakt mit der Pflanze abgegeben, oder sind im Gewebe eingelagert. Viele Baumarten erhöhen bei einem Schädlingsbefall den Tannin- und Phenolanteil in ihren Blättern und verursachen bei ihren Feinden damit teils tödliche Verdauungsprobleme. Andere Baumarten geben Hemmstoffe an ihre Umgebung ab, um damit die Keimung anderer Arten zu verhindern.
Ein Beispiel für einen solchen Stoff ist das Juglon der Walnuss. Der Pflanzenfarbstoff aus den grünen Schalenteilen der Früchte ist nicht nur dafür verantwortlich, dass bei der Ernte die Hände braun verfärbt werden, sondern verschafft den Walnuss-Sämlingen einen entscheidenden Startvorteil.
Ein bekannter Abwehrstoff der Bäume ist das Baumharz, das auch bei Verletzungen hilfreiche Dienste leistet. Bohrt sich ein Schädling in Rinde oder Holz, wird er vom gespeicherten und auslaufenden Baumharz verklebt. Gleichzeitig erhöht der Baum seine Harzproduktion um sich gegen einen Massenbefall zu rüsten. Auch wenn sie von Rehen angeknabbert werden, reagieren Bäume. Ahorne wachsen beispielsweise schneller. Buchen dagegen produzieren Stoffe, die dem Reh nicht schmecken. Beide Baumarten versuchen damit auf ihre Weise einen weiteren Verbiss zu unterbinden.
Biologische Abwehr – „Ich habe gefährliche Freunde“
Bäume können bei Gefahr Lock- und Duftstoffe aussenden, die natürliche Fressfeinde von Schädlingen anlocken. Waldkiefern verströmen einen Duft, sobald Blattwespen auf ihnen Eier ablegen. Der Duft ködert Erzwespen zum befallenen Baum, die wiederum ihre Eier in die Eier der Blattwespen legen. So schlüpfen gar nicht erst die schädlichen Larven der Blattwespe und die Waldkiefer hat die Gefahr abgewehrt.
Kommunikation und Erinnerung
Mit Duftstoffen können Bäume auch untereinander kommunizieren. Sie sind in der Lage, gezielt Stoffe zur Warnung auszusenden und Abwehrstoffe gegen Schädlinge, die zum Beispiel ein Nachbarbaum aussendet, wahrzunehmen. Umliegende Artgenossen können sich dann mit Abwehrmaßnahmen auf einen Befall vorbereiten. Über das Wurzelwerk und die damit verbunden Mykorrhizapilze vermuteten Forscher einen weiteren Informationskanal unter Bäumen. Nach dem aktuellen Stand der Forschung steht der wissenschaftliche Nachweis noch aus. Nicht mehr in Frage steht, dass Bäume sich erinnern können. Feldulmen die schon einmal einen Schädlingsbefall abwehren mussten, können später in gleicher Situation schon bei der Eiablage auf die drohende Gefahr reagieren.
Abwehrmechanismen und Evolution
Auch die ausgefeilteste Abwehr wird im Spiel der Evolution irgendwann durch einen Gegenspieler überwunden. Arten passen sich mit der Zeit an die Abwehrmechanismen der Bäume an. Angreifer können gegenüber Giften oder Bitterstoffen immun werden, oder sie entwickeln Mechanismen um die Schutzbarrieren der Bäume zu überwinden. Im Laufe der Zeit werden die Bäume auf diese neuen Stärken ihrer Feinde mit neuen Abwehrmechanismen reagieren. Menschen werden diese langwierigen Prozesse auf den ersten Blick kaum erkennen können. Nur die Anwesenheit der Bäume auf diesen Planeten ist Beweis genug, dass sie gar nicht so wehrlos sind.
Quellen:
- A. Roloff: Bäume – Lexikon der praktischen Baumbiologie, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA 2010 erhältlich bei Freeworker
- Elisabeth J. Eilers: Kommunikation und Erinnerung – Abwehrstrategien von Bäumen und Sträuchen, Pro Baum 3/2015, S. 11-14
- Andreas Schaller: Die Abwehr von Fressfeinden: Selbstverteidigung im Pflanzenreich, Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (2002) 147/4, 141–150
- Lehna Zülke: Was schnacktder Baum?, Taspo Baumzeitung 02/2014, S. 54-56
- Ahorn und Buche erkennen Rehe am Speichel Beitrag vom Deutschlandfunk
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