Der Kampf gegen die Fäule
Die Wunde Ihrer Birke ist schon einige Jahre alt. Der Baum hat sich in dieser Zeit sehr angestrengt, die Schnittführung zu überwallen. Durch den Zuwachs und das Dickenwachstum schließt sich allmählich die Höhlung. Allerdings wird es der Baum schwer haben, diese große Schnittstelle vollständig zu überwachsen. In der Zwischenzeit fault das Holz im Inneren munter weiter. Viele Baumarten können bei solchen Verletzungen gesundes von absterbendem Gewebe abschotten und damit die Ausbreitung der Fäule verhindern oder zumindest verlangsamen. Birke gehört als Pioniergehölz allerdings nicht zu den gut abschottenden Baumarten.
Auf dem Bild ist nicht erkennbar, ob bei dem Schnitt auch Stammgewebe angesägt und damit verletzt wurde oder fachgerecht auf Astring geschnitten ist. Ist nur das Astgewebe betroffen, erfolgt in den ersten Jahren keine wesentliche Schwächung des Stammes. Wurde hingegen das Stammgewebe verletzt, kann die Bruchsicherheit schnell verloren gehen, weil dem Pilz in Stammrichtung auf- und abwärts die Tore offen stehen. Dies wird zum Problem, da sich der Baum in Längsrichtung der Leitungsbahnen kaum gegen Pilze wehren kann.
Auszug aus dem Buch „Baumschnitt“
Alex L. Shigo gilt als Begründer der modernen Baumpflege. Sein Buch „Baumschnitt“ erklärt anschaulich die Vorgänge im Baum nach dem Schnitt. In dieser Grafik werden zwei Schnittmethoden und ihre Auswirkung auf das Stammgewebe schematisch erklärt. Auf der linken Seite der Abbildung wurde der Stamm beim Astschnitt verletzt. Im Stamm breitet sich die Fäule nach unten und oben aus. Rechts sehen Sie einen abgestorbenen Ast. Hier wurde kein Stammgewebe verletzt. Die Fäule beschränkt sich auf das Astgewebe und das zugehörige Gewebe im Inneren des Baumes.
A: Astschutzzone
Bei fachgerechtem Schnitt oder wenn dünne Äste absterben, breitet sich Fäulnis selten über den Rand der Astschutzzone (A) hinaus aus.
B: Astkernholz
Wenn ein Aststubben oder mittelgroße tote Äste zurückbleiben, kann Fäulnis in das Kernholz eindringen. Mit Kernholz ist in diesem Fall der Kegel von Astgewebe (B) im Stamm gemeint.
C: Stamminfektion
Wenn große Stubben oder große tote Äste zurückbleiben, kann sich die Fäulnis in das Stammgewebe (C), das zum Zeitpunkt des Absterbens bereits vorhanden gewesen ist, ausbreiten.
D: Stammparalleler Schnitt und Fäulnis
Bei diesem Schnitt (J) wird das Gewebe, das die Astschutzzone bildet, entfernt. Der Stamm wird ober- und unterhalb des abgeschnittenen Astes verletzt. Fäulnis breitet sich so schnell im Stamm (D) aus . Sperrzonen (E und F) trennen infiziertes von gesundem Holz, das auch nach dem Schnitt weiterhin entsteht. Wundholz nach fachgerechtem Schnitt (H) rollt sich nicht ein. Wundholz nach stammparallelem Schnitt (G) tut das oft und verursacht dadurch innere, vertikale Risse. Diese Risse können später bei Temperaturschwankungen aufbrechen.
Das ganze Buch „Baumschnitt“ von Alex Shigo finden Sie bei Freeworker!
Die Sandbirke
Die Sandbirke gehört zur Gattung Betula. Wegen ihrer herunterhängenden Äste wird sie auch Hängebirke genannt. Wie alle Birken zählt sie zu den Pionierbaumarten. Sie besiedelt als erste kahle Flächen und ist dementsprechend anspruchslos gegenüber Nährstoff- und Wasserhaushalt. Die Birke ist eine schnellwüchsige Baumart, erreicht dafür jedoch nur ein Alter von 100 bis 150 Jahren.
Ihre charakteristisch weiße Rinde stammt von ihrer Vorliebe zur Erstbesiedlung neuer Gebiete. Hier ist sie der vollen Sonneneinstrahlung ausgeliefert und schützt sich durch die Einlagerung von Betulin, welches das Licht vollständig reflektiert, gegen Rindenbrand. Dadurch erscheint die Rinde aller Birken weiß.
Einschätzung der Fäule
Nach einer vorbehaltlichen Einschätzung der Bilder hat es den Anschein, dass der Baum noch ausreichend stand- und bruchsicher ist. Er sieht noch sehr vital aus, worauf man anhand der dicken Wülste schließen kann.
Aufgrund der Baumart und der doch zentralen Fäule an einer statisch hoch relevanten Stelle, sind Sie als Eigentümer auf alle Fälle gut beraten, jährlich mindestens einmal den Baum von einem Baumkontrolleur begutachten zu lassen. Sollte sich bei einer eingehenden Untersuchung herausstellen, dass sich die Fäule im Innern schon stark ausgebreitet hat, kann es auch sein, dass zweimal jährlich Kontrollen erforderlich sind. Diese erfolgen einmal im belaubtem und einmal im unbelaubtem Zustand. Ob dies bei einer Pionierbaumart, welche in bebauten Gebieten oft nur 50-70 Jahre alt wird, vom finanziellen Aufwand her gerechtfertigt ist, müssen Sie selbst entscheiden.
Hilfe zur Bekämpfung der Fäule
Was können Sie nun tun, um dem Baum zu helfen? Eigentlich nichts! Entweder der Schnitt war korrekt, dann hat der Baum noch einige Zukunftschancen. Hat der Schnitt den Stamm stark verletzt, dann ist die Lebenserwartung gesenkt. Das kann ein Baumgutachter genauer untersuchen.
Indirekte Hilfe für den Baum
Was können Sie Ihrem Baum sonst Gutes tun? Sorgen Sie dafür, dass es der Birke an nichts fehlt. Sie hat bereits einen schönen Platz in Ihrer Anlage, bei der sie keine Konkurrenz durch Nachbarbäume fürchten muss. Somit stehen ihr alle vorhandenen Nährstoffe und Wasserreserven im Boden allein zur Verfügung. Birken sind Pionierbaumarten. Sie wachsen an kargen Standorten und sind somit sehr genügsam. Zusätzliche Düngung brauchen sie in der Regel nicht.
Birken reagieren empfindlich auf Schnittmaßnahmen, was Sie ja bereits feststellen mussten. Versuchen Sie also, die Pflegemaßnahmen lediglich auf die Entnahme von Totholz zu minimieren. Leichte Schnittmaßnahmen verhindern, dass Äste zu schwer und damit zur Gefahr werden. Leider werden Birken deshalb oft bis ins starke Holz zurück geschnitten. Das verursacht eben diese Fäule-Probleme. Dies können Sie durch schonenden Schnitt verhindern. Dieser zielt darauf ab, die Äste hinsichtlich des Hebels von der Peripherie her zu entlasten.
Durch starkes Herabsetzen der Birke und Schnitt bis ins alte Holz, kann man Stand- und Bruchsicherheit von Baum und Ästen zwar kurzfristig stark erhöhen. Dies schafft aber automatisch Probleme, welche die Verkehrssicherheit auf mittel- bis langfristige Sicht stark mindern.
Schwieriger ist es, sich im Hinblick auf Ästhetik zu einigen. Der Laie findet oft stark beschnittene, niedrige Bäume schön, der Baumpfleger mag meist Bäume mit einem natürlichen Aussehen lieber. Fachleute sprechen dann von habitusgerechtem Schnitt. Versuchen Sie einen Baumpfleger zu finden, dessen Arbeit Ihrem Stil entspricht.
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Auf meinem Grundstück stehen zwei alte Apfelbäume.
An einem wurde vor vielen Jahren ein dicker Ast abgeschnitten.Die Schnittstelle ist mittlerweile stark gefault,
Das Holz in diesem Bereich ist matschig und kann leicht entfernt werden. Der etwa 30 cm dicke Ast lässt
sich mindesten zur Hälfte aushöhlen. Was kann ich tun, um den Ast und den Baum zu erhalten ?
Für Ihren Rat danke ich herzlich.
Winfried Vogt
Guten Tag Herr Vogt.
Danke für Ihre Frage. Bäume können große Schnittstellen fast immer schwer abschotten und überwallen. In Ihrem Fall scheint es nicht geklappt zu haben und die Wunde hat sich mit einem Pilz infiziert. Je nachdem, ob der Baum es noch geschafft hat etwas weiter hinten abzuschotten, kann der Pilz weiter in den Stamm eindringen, oder nicht. Wichtig wäre für mich zu wissen, ob der Ast auf Stummel abgeschnitten wurde oder direkt am Stamm? Bei einem Stummel könnte es möglich sein, dass der Pilz gar nicht bis zum Stamm vorgedrungen ist, sondern nur der Ast betroffen ist. Bei einem Schnitt direkt am Stamm ist der Pilz wohl auch ins Stammholz eingedrungen und kann dort Probleme mit der Standsicherheit hervorrufen. Schön wäre es, wenn Sie mir Fotos per Mail zusenden könnten. Dann kann ich die Situation besser einschätzen. Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung.
Guten Tag!
Unser uralter Kirschbaum wurde vor 2 Tagen gefällt. Laut Baumpfleger wegen Krankheit. Gibt es Baumfäule auch von innen heraus?
Auf den abgeholzten Stammstücken war nur eher mittig ein (aber nicht ganz) grauer Fleck zu sehen…
Guten Tag,
gerade Obstbäume, die regelmäßig für reichen Ertrag geschnitten und gepflegt wurden, entwickeln im Alter zahlreiche Krankheitssymptome. Auch Fäulen gehören dazu und sind ganz normal. Im Alter kann ein Baum oft nicht mehr alle seine Wunden verschließen. Bricht ein Ast ab, oder wird ein großer Ast entfernt, kommt es dann schnell zu Stammfäulen. Diese ziehen von der Wunde aus bis ins Kernholz und verbreiten sich von da aus über den gesamten Stamm nach oben und unten. Ihre Entdeckung kann also durchaus von einer Stammfäule herrühren. Möglich sind aber auch Wurzel- oder Stammpilze. Diese gelangen zum Teil auch über Mäusebisse oder kleine Wunden am Stamm und den Wurzeln in den Baum und lösen damit von außen unsichtbar Fäulen im Stamminneren aus. Diese machen den Baum zur Bruchgefahr, da sie die Stabilität des Holzes reduzieren. Am besten fragen Sie Ihren Baumpfleger, welche Indizien ihn zur Entscheidung, den Baum zu fällen, geführt haben. Ich bin mir sicher, er kann Ihnen kompetent antworten.
Viele Grüße, Ihr Team vom Baumpflegeportal