Die Blätter färben sich langsam bunt und der Ginkgo erstrahlt in leuchtendem Gelb. Ein wunderschöner Anblick – wenn da nicht dieser Gestank wäre. Schweiß, Erbrochenes und Verwesung liegen in der Luft. Das ist keine Szene aus einem Krimi, sondern in einigen Städten in den Herbstmonaten an der Tagesordnung. Schuld sind große Ginkgo-Bäume, die an Straßen und in Parks und Gärten stehen. Genauer gesagt, die Früchte der weiblichen Bäume verursachen den unangenehmen Geruch.
Bäume mit Geschlechtern
Weibliche und männliche Bäume, gibt es das? Ja, das gibt es. Die meisten Bäume bilden männliche und weibliche Organe in einer Blüte aus. Doch es gibt Baumarten, die getrennt geschlechtliche Blüten, oder – wie der Ginkgo – Bäume mit unterschiedlichen Geschlechtern bilden.
Monozönie oder Einhäusigkeit
Pflanzen, die ihre männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane auf einem Individuum vereinen, nennen Botaniker einhäusig. Hierbei gibt es zwei unterschiedliche Ausprägungen. Entweder die Geschlechtsorgane sind in einer Blüte vereint (nicht-getrennt-geschlechtlich Einhäusig), oder es gibt männliche und weibliche Blüten auf dem Baum (getrennt-geschlechtlich Einhäusig).
Nicht-getrennt-geschlechtlich
Bei dieser Blütenart sind die Geschlechter in einer Blüte zusammengefasst. Sie besitzt somit sowohl den weiblichen Stempel, als auch die männlichen Pollen. Beispiele sind Rosen, Apfelbäume oder Kirschbäume. Die meisten Pflanzen sind einhäusig nicht-getrennt-geschlechtlich. Zur Befruchtung brauchen diese Baumarten häufig eine zweite Pflanze.
Getrennt-geschlechtlich
Bei diesen Pflanzen sitzen auf einem Baum männliche Blüten mit Pollen und weibliche Blüten mit dem Stempel. Meist sind bei diesen Pflanzen die weiblichen Blüten unscheinbar. Das liegt daran, dass getrennt-geschlechtliche Pflanzen oft windbestäubt sind. Die Pollen produziert der Baum in Masse und der Wind trägt sie zu den kleinen, einzeln sitzenden weiblichen Blüten. Beispiele sind Haselnuss oder Birke.
Diözie oder Zweihäusigkeit
Zweihäusig sind Pflanzen, von denen es männliche und weibliche Individuen gibt. Das heißt, auf jeder Pflanze gibt es entweder männliche oder weibliche Blüten. Sollen die weiblichen Pflanzen Früchte bringen, muss in der Nähe eine männliche Pflanze stehen. Der Ginkgo zählt zu den zweihäusigen Pflanzen. Es gibt weibliche Bäume, an denen im Herbst die Früchte reifen. Und es gibt männliche Bäume, die den Pollen produzieren, welche die weiblichen Bäume bestäuben. Weitere Beispiele sind Sanddorn, Hopfen und Esche.
Die stinkenden Früchte des Ginkgo
Den Gestank verursachen die weiblichen Bäume. Sie bilden im Herbst mirabellenähnliche Früchte aus, die stinkende Substanzen enthalten. Die Fruchtschale ist angereichert mit Buttersäure, die schuld an dem unangenehmen Geruch ist.
Doch aus welchem Grund verströmt ein Baum einen derart eigenartigen Geruch? Die Antwort liegt einige Millionen Jahre in der Vergangenheit. Der Ginkgo ist ein „lebendes Fossil“, das bereits zur Zeit der Dinosaurier existierte. Damit sich seine Früchte möglichst weit verbreiteten, setzte er darauf, dass Dinosaurier die Früchte fraßen. Später gaben diese durch ihren Kot die Samen an anderer Stelle frei. Der Verwesungsgeruch lockte wahrscheinlich aasfressende Raubtiere an. Noch heute gibt es Fotos die belegen, dass Raubtiere wie Kojoten die Früchte des Ginkgos gerne fressen.
Die Auswahl der Bäume
Die Lösung für das stinkende Problem scheint einfach: Nur männliche Bäume pflanzen. Leider ist die Lage komplexer, denn die Ginkgo Bäume lassen sich in den ersten Jahren nicht geschlechtlich unterscheiden. Äußerlich fällt auf, dass die meisten weiblichen Bäume gedrungener wirken als die zierlichen und hochragenden Männchen. Doch es gibt Ausnahmen und Unterschiede je nach Standort.
Ein fast sicheres Merkmal nebeneinander stehender Bäume ist der Zeitpunkt des Austriebes. Weibliche Bäume öffnen ihre Knospen zwei bis drei Wochen später als ihre männlichen Kollegen. Ihr Laub verlieren sie im Herbst dementsprechend später.
Und die Bäume aus der Baumschule?
Augen auf beim Ginkgo-Kauf. Die ersten Früchte bekommen die Bäume mit 20 bis 30 Jahren. Erst dann sind die Bäume 100 prozentig sicher zu bestimmen. Baumschulen verkaufen deshalb fast ausschließlich aufgepfropfte männliche Bäume. Somit ist gesichert, dass Gemeinden die Bäume später nicht wegen „öffentlichem Ärgernis“ als stinkende Wegbegleiter fällen. Also keine Sorge: die Bäume aus der Baumschule stinken später nicht und sind tolle Gartenbäume.
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Es muss “Diözie“ heißen!!!
Hallo Dieter,
vielen Dank für Ihre Anmerkung. Auch vor dem ein oder anderen Tippfehler sind wir nicht gefeit, haben diesen aber gern korrigiert. Sie haben Recht: Diözie ist der richtige Begriff.
Herzliche Grüße,
das Baumpflegeportal-Team
Ich habe geträumt, ob es neben “der Baum“ auch “die Bäumin“ gibt. Dadurch (Geschlecht von Pflanzen) bin ich auf Eurer Webseite gelandet. Beim Kreuzdenker HEinrich Tischner ist dazu Folgendes zu finden:
https://www.heinrich-tischner.de/22-sp/9sp-ecke/artikel/201/2012/12-04-24.htm
Aber wie immer im Leben gibt es Ausnahmen. Unser Ginkgo hat nach 23 Jahren Früchte bekommen obwohl er aus einer Baumschule war. Trotzdem ein toller Baum. Mal schauen, was wir tun, wenn es viele Früchte werden und die Nachbarschaft ärgern!
Vielen Dank für den Artikel über den Ginkgobaum und dessen Früchte. Hat jemand Erfahrung, was man mit den Früchten am besten macht, damit sie nicht die ganze Umgebung verpesten? Muss man sie wohl am besten pflücken? Vielen Dank und schöne Grüße